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Land überarbeitet Informations­ange­bot zum Thema Zwangsheirat

Um noch mehr Menschen für das Thema Zwangs­heirat zu sensi­bilisieren, hat das Nieder­sächsische Minis­terium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleich­stellung seine Informationsflyer zu den Beratungsangeboten des Landes überarbeitet. Ein frischeres Layout sowie markantere Sätze ("Ich entscheide, ob und wen ich heirate!") statt eines längeren Fließtextes sollen insbesondere die junge Zielgruppe ansprechen – und damit das Bewusstsein für diese Problematik nachhaltig schärfen. Neben Albanisch, Arabisch, Deutsch, Englisch, Kurdisch, Persisch, Serbisch und Türkisch gibt es die Flyer nun auch in den Sprachen Bulgarisch und Rumänisch. Sie können ab sofort über den Verein für interkulturelle Kommunikation, Flüchtlings- und Migrationsarbeit kargah e.V. angefordert werden: www.kargah.de

"Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter", mahnt in diesem Zusammenhang Niedersachsens Gleichstellungsminister Dr. Andreas Philippi. "Zwangsheirat ist eine Form Häuslicher Gewalt und wird in vielen Fällen durch Anwendung und Androhung von physischer und psychischer Gewalt durchgesetzt. Daher ist es unsere ausdrückliche Pflicht, schnell zu handeln. Je früher sich die Betroffene wehrt, desto größer ist die Chance, eine Zwangsehe zu verhindern."

Aus diesem Grund bietet das Land eine Bandbreite an Unterstützungsmöglichkeiten an. Ein wichtiger Bestandteil ist hier u.a. das "Niedersächsische Krisentelefon gegen Zwangsheirat". Seit 2007 erhalten Betroffene aus Niedersachsen anonym unter der kostenlosen Rufnummer 0800 0667888 eine persönliche und telefonische Erstberatung in verschiedenen Sprachen. Daneben gibt es Auskünfte, wer regional qualifiziert bei Problemen beraten kann. Die Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle unterliegen dabei der Schweigepflicht. Pro Jahr nehmen ca. 150 Personen die Beratung in Anspruch. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass das Dunkelfeld bei der Zwangsheirat deutlich größer ist.

Über den Flyer hinaus bietet die Landesregierung eine Handlungsempfehlung für Fachkräfte an sowie das Projekt Krisentelefon, Workshops und Fortbildungen für Personen, die Zugang zur potenziellen Zielgruppe haben.

Ziel der bereitgestellten Angebote ist die Auseinandersetzung mit der individuellen Situation, Entwicklung von Perspektiven und Lösungen, Zusammenarbeit mit Behörden und Institutionen, Bestärkungsarbeit, psychosoziale Beratungsgespräche, Weitervermittlung an Beratungsangebote anderer Institutionen sowie die Vermittlung von geeigneten und anonymen Wohnmöglichkeiten, wie z.B. Schutzeinrichtungen.

Mit der Einrichtung "Kriseninterventionsplatz Anonyme Wohngruppe und Schutzeinrichtung (Ada)" gibt es zudem seit 2008 eine anonyme Wohngruppe und Schutzeinrichtung für Mädchen und junge Frauen mit Migrationshintergrund.

Hintergrund:
Am 07.02.2005 wurde die kurdisch stämmige Hatun Sürücü auf offener Straße von ihren Brüdern durch mehrere Kopfschüsse ermordet. Ihr Tod sorgte bundesweit für Entsetzen und löste eine Debatte über Zwangsehen und Wertvorstellungen von in Deutschland lebenden Migrantinnen und Migranten aus.

Durch einen Landtagsbeschluss im Mai 2005 wurde die Landesregierung gebeten, ein Handlungskonzept zur Ächtung und Vermeidung von Zwangsehen inklusive entsprechender Maßnahmen zu erstellen. Beides ist zugleich im Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt in Niedersachsen (Istanbul-Konvention) aufgeführt.

Quelle: Niedersächsisches Sozialministerium, 18.02.2025, www.ms.niedersachsen.de