In der aktuellen Ausgabe des DZI-Magazins Soziale Arbeit, Heft 7.2022, berichtet Michael Herschelmann über die Ergebnisse aus der wissenschaftlichen Begleitung eines Modellprojekts zum Einsatz von Social Media im Kinderschutz aus Sicht von Jugendlichen.
Social Media spielen im Alltag von Jugendlichen eine herausragende Rolle. Mit ihnen sind nicht nur Gefahren verbunden, sie könnten in der Sozialen Arbeit auch produktiv genutzt werden. Ergebnisse aus der wissenschaftlichen Begleitung des Modellprojekts #hilfefürdich der niedersächsischen Kinderschutz-Zentren zeigen, dass dies jedoch nicht so einfach, sondern voraussetzungsvoll ist. Trotz hoher Einblendezahlen und positiver Bewertung kam es zu keiner erhöhten Inanspruchnahme. Parallel durchgeführte Fokusgruppen mit Jugendlichen erhellen sowohl die Hemmnisse, als auch förderliche Aspekte.
Gute Bewertung aber viele Hemmschwellen
So wurden beispielsweise die Bilderfolgen, der genutzte Hastag und die sprachliche und inhaltliche Umsetzung als "gut gemacht" bewertet - allerdings würden die meisten Jugendlichen die Hilfe für sich dennoch nicht in Anspruch nehmen. Die größten Hemmschwellen und Barrieren im Zugang zu den Hilfen sind laut der Studie verschiedene Ängste der Jugendlichen, aber auch individuelle Präferenzen der Zugangswege oder Ansichten dazu, wann beziehungsweise von wem Hilfeeinrichtungen genutzt werden würden.
Kontaktaufnahme als komplexer Prozess
Aus den Aussagen der Jugendlichen zu förderlichen Aspekten im Zugang zu Hilfen wird deutlich, dass es ein Prozess ist, bis Hilfe angenommen wird. Dabei sollte auf Dialog und Beziehung gesetzt werden, nicht allein auf Technik. Als mögliche Reihenfolge, so Herschelmann, zeigt sich der Weg von einem Chat zum Telefongespräch und daran anschließend unter Umständen persönliche Gespräche.
Erhebliches Potenzial trotz enormer Herausforderungen
Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass Social Media erhebliches Potenzial zur Verbesserung des Zugangs zu Hilfen haben. Allerdings komme es darauf an, so das Fazit, neben der Intensivierung der Social Media Präsenz diese in Richtung einer interaktiven, dialogischen, beziehungsorientierten Ausgestaltung weiterzuentwickeln. Dabei ergeben sich enorme Herausforderung hinsichtlich fachlicher Standards, sowohl in der Absicherung struktureller Anforderungen als auch in der Gestaltung von Interaktionsbeziehungen. Es bedarf weiterer Erprobungs- und Entwicklungsarbeit, begleitender forschung und Qualifizierung der Fachkräfte.