Im Auftrag des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) systematisiert eine von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und der Hochschule Hannover verfasste Vorstudie vorhandenes Wissen über bereits bekannte Fälle sexualisierter Gewalt in Jugendverbänden und Strukturen des BDKJ. Die vorläufigen Ergebnisse zeigen: es hat sexualisierte Gewalt stattgefunden.
Der BDKJ-Bundesverband kündigte an, dass er den laufenden Aufarbeitungsprozess in der katholischen Jugendverbandsarbeit fortsetzen und forcieren und dazu ein unabhängiges Forschungskonsortium mit der Durchführung einer 'Hauptstudie' beauftragen möchte.
BDKJ-Bundesvorsitzender Gregor Podschun betonte: "Als Dachverband der katholischen Kinder- und Jugendverbände ist sich der BDKJ bewusst, dass in den Jugendverbänden sexualisierte Gewalt stattgefunden hat und noch immer stattfindet. Wir sind in der Verantwortung, dieses Unrecht und Leid mit allen Mitteln zu verhindern und eine gelingende Präventionsarbeit zu leisten. Zu einem solchen Umgang mit sexualisierter Gewalt, der in allererster Linie den Betroffenen gerecht werden muss, braucht es ein Konzept zur Aufarbeitung des in der Vergangenheit begangenen Unrechts."
Faktoren erkennen, verändern, verhindern
Unter dem Leitgedanken "Faktoren erkennen, verändern, verhindern" hat die BDKJ-Hauptversammlung im vergangenen Jahr konkrete Handlungsschritte zur Ausgestaltung eines solchen Prozesses beschlossen. Dieser Prozess bezieht die Untergliederungen des BDKJ und die katholischen Jugendverbände mit ein. Die durchgeführte Vorstudie sei ein erster Schritt zur Systematisierung von bereits vorliegendem Wissen zu sexualisierter Gewalt in den Untergliederungen, so Podschun. Die Ergebnisse würden verdeutlichen, warum eine breiter angelegte 'Hauptstudie' benötigt werde, welche die Strukturen der Jugendverbandsarbeit explizit in den Blick nehme.
"Auch wenn die Präventionsarbeit in der katholischen Jugendverbandsarbeit einen hohen Stellenwert und Standard erreicht hat, müssen wir erkennen: Missbrauch fand und findet in der katholischen Jugend statt", verdeutlicht Gregor Podschun. "Zudem wurde in der Vorstudie benannt, dass ehrenamtliche Leitungen, Gleichaltrige und Priester – auch in der jüngeren Vergangenheit – Jugendverbandsarbeit als Anbahnungs- und Tatkontext genutzt haben."
Die laufenden Aufarbeitungsprozesse in der katholischen Jugendverbandsarbeit sollen daher, laut Podschun, fortgesetzt und mit Hilfe einer 'Hauptstudie' forciert werden, um Rückschlüsse auf systemische Ursachen ziehen zu können. Aus Sicht der Beteiligten seien dabei die Themenfelder sexualisierte Gewalt durch ehrenamtlich Tätige, digitale Medien und Peer-Gewalt in der Jugendverbandsarbeit in den Fokus zu nehmen.
Aufarbeitungskommission gegen sexualisierte Gewalt
Podschun führte weiter aus: "Es besteht der Bedarf an Forschung zu sexualisierter Gewalt in katholischen Jugendverbänden und in den Strukturen des BDKJ für weitere Analysen und Rückschlüsse auf systemische Ursachen, um junge Menschen vor sexualisierter Gewalt in Jugendverbandskontexten zu schützen. Der BDKJ-Bundesverband und die beteiligten Jugend- und Diözesanverbände wirkten und wirken aktiv und engagiert am Aufarbeitungsprozess mit. Wir werden eine Aufarbeitungskommission einsetzen, die aus einer breiter angelegten 'Hauptstudie' Handlungsempfehlungen ableitet. Daraus werden wir weitere Konsequenzen ziehen und entsprechende Maßnahmen ergreifen".
Anlaufstelle für die Aufarbeitung in Planung
Zudem gab der BDKJ-Bundesverband bekannt, dass die Einrichtung einer Anlaufstelle zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in den Jugendverbänden und Strukturen des BDKJ vorgesehen ist. "Für uns gilt es nun, uns in den weiteren Prozess zu begeben und den Erkenntnissen und Konsequenzen ehrlich zu stellen – mit den obersten Zielen, Betroffenen Gerechtigkeit zukommen zu lassen und künftig Kinder und Jugendliche zu schützen", betonte BDKJ-Bundesvorsitzender Gregor Podschun abschließend.
Weitere Hinweise
Die Vorstudie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und der Hochschule Hannover systematisierte das Wissen über bereits bekannte Fälle sexualisierter Gewalt im BDKJ und seinen Strukturen. Die im Auftrag des BDKJ erfolgte wissenschaftliche Untersuchung hatte nicht den Auftrag eigenständige Daten zu erheben, Betroffene zur Meldung aufzurufen oder eigenständige Aktenrecherchen zu betreiben.
Von den in der Vorstudie aufgeführten 121 Rückmeldungen kann nicht auf das Ausmaß sexualisierter Gewalt in den Verbänden geschlossen werden. Bei den eingegangenen Meldungen wurden keine Namen von Betroffenen und Täter:innen erfasst.