Am 11. März ging es im Bundesrat auch um Kinderschutzthemen: Zwei eigene Gesetzesinitiativen aus der letzten Legislaturperiode wurden wieder aufgenommen. Außerdem gab es grünes Licht für eine Nachbesserung in der Strafprozessordnung.
Strafbarkeit für Kindesentführungen erweitern: Mehr Schutz für Babys und Kleinkinder (Top 15)
Einen entsprechenden Gesetzentwurf hatte der Bundesrat bereits dem 19. Deutschen Bundestag zugeleitet, der diesen aber in der abgelaufenen Legislaturperiode nicht mehr behandelt hatte.
Die Vorschläge der Länder zielen vor allem auf den Schutz von Säuglingen und Kleinstkindern ab. Nach derzeitiger Rechtslage liegt eine Entziehung Minderjähriger nach der Rechtsprechung dann gegebenenfalls nicht vor, wenn das Kind den Eltern für nur für eine Dauer von 30 Minuten oder kürzer entzogen war. Diese Strafbarkeitslücke ist nach Ansicht des Bundesrates nicht hinzunehmen. Er schlägt daher einen Grundtatbestand - das Entführen oder das rechtswidrige Sich-Bemächtigen von Kindern - mit einem Strafrahmen von Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vor, der schon schon dann erfüllt sein kann, wenn der Täter nur kurzzeitig physische Gewalt über das Kind erlangt.
Außerdem fordert der Bundesrat, die Qualifikationsmerkmale zu erweitern, um je nach Tatbegehung eine härtere Bestrafung zu ermöglichen: Strafschärfend soll danach unter anderem wirken, wenn der Täter die Entführung nutzt, um kinderpornographisches Material anzufertigen.
Weitere Verschärfungen sieht der Entwurf bei der Führungsaufsicht und der Anordnung der Untersuchungshaft vor.
Der Entwurf wurde der Bundesregierung zugeleitet, die dazu binnen sechs Wochen eine Stellungnahme verfassen kann. Anschließend legt sie beide Dokumente dem Bundestag zur Entscheidung vor. Feste Fristen für dessen Beratung gibt es nicht.
Kindeswohl in familiengerichtlichen Verfahren (Top 7b)
Der Bundesrat möchte Familiengerichte in die Lage versetzen, das Kindeswohl bestmöglich zu schützen. Kinder sollen von den Gerichten intensiver angehört und einbezogen werden - auch wenn sie sich altersbedingt noch nicht hinreichend artikulieren können. Zur intensiveren Sachverhaltsaufklärung sollen verstärkt Drittpersonen und Sachverständige hinzugezogen werden. Nötig sei auch ein intensiverer Informationsaustausch zwischen Gerichten und Jugendämtern, betont der Bundesrat.
Der Gesetzentwurf sieht vor, gerichtlich angeordnete Maßnahmen bei Kindeswohlgefährdungen regelmäßig daraufhin zu überprüfen, ob sie in der Praxis auch umgesetzt wurden und sich als wirksam erwiesen haben.
Der Bundesrat will mit seinem Entwurf Lehren aus dem sogenannten Staufener Missbrauchsfall ziehen, der 2017 bundesweit Aufmerksamkeit ausgelöst hatte. Er setzt Empfehlungen der Kommission Kinderschutz um, die nach Bekanntwerden des Missbrauchsskandals eingesetzt worden war.
Der Beschluss vom 11. März 2022 entspricht einem Entwurf, den der Bundesrat im September 2020 in den Bundestag eingebracht hatte. Dieser hat die Beratungen jedoch nicht abgeschlossen, daher unterfiel die Initiative der so genannten Diskontinuität.
Korrektur der Strafprozessordnung (Top 3)
Außerdem hat der Bundesrat grünes Licht gegeben für ein Gesetz, das auch Verweisungsfehler in der Strafprozessordnung zum Richtervorbehalt korrigiert - unter anderem zur so genannten Keuschheitsprobe im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen wegen des Verdachts auf Kindesmissbrauch oder Kinderpornografie. Diese Verweisungsfehler sind durch ein früheres Gesetzgebungsverfahren mit umfangreichen Änderungen im Strafprozessrecht entstanden, das der 19. Deutsche Bundestag im Juni 2021 kurz vor Ende der Legislatur verabschiedet hatte.
Die Artikel zur Korrektur der Strafprozessordnung treten am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft.